Mittwoch, 2. September 2009

Lunchlektüre zur Freiheit

Allein zuhause. Nur ab und zu kommt ein Arbeiter und leiht den Schlüssel zur Werkstatt, um ein Werkzeug oder Material zu holen. Und Kater Möhrli will miauend sein Mittagessen, eine Handvoll Whiskas Bröckli. Sonst Ruhe. Nach einer Schale Salat mit Couscous setze ich mich auf die Yogamatte und schlage wieder mal "Die fünf Pfeiler der Weisheit" von Thich Nhat Hanh auf. Da schreibt Christopher Reed über die 5 Richtlinien:

Wenn wir in unserem Leben nach Freiheit suchen, denken wir oft an "Freiheit von" statt an "Freiheit zu". Die Idee der Freiheit ist heute nachgerade zu einer kulturellen Besessenheit geworden. Wir reden von politischer Freiheit, wirtschaftlicher Freiheit, Religionsfreiheit, Redefreiheit, Meinungsfreiheit... In unserem angestrengten Versuch, Freiheit zu gewinnen, gilt unser Augenmerk gewöhnlich dem, was uns einschränkt. Wir haben keine wirkliche Vision davon, wie Freiheit eigentlich aussieht. Wir nehmen an, das zu bekommen, was wir uns wünschen, und das loszuwerden, was wir nicht wollen, würde uns glücklich machen. Wir bemühen uns, alles zu beseitigen, was uns im Weg steht. Und das oft, ohne uns über die Konsequenzen unseres Vorgehens Gedanken zu machen. Wir reagieren hypersensibel auf alles, was unsere Freiheit einzuschränken droht. Die 10 Gebote, so haben wir gehört, sind das Geschenk eines zornigen Gottes, der keine Widerrede duldet. Die Enge hierarchischer Denkstrukturen und institutionalisierter Autorität ist das kontinuierliche Erbe dieses Geschenks. Der Schatten, der uns begleitet, ist die Manifestation unseres sehnsüchtigen Verlangens, diese Vorschriften los zu sein. Während wir versuchen, Freiheit zu finden, indem wir tun, was wir wollen, laufen wir Gefahr, alles zu verlieren. Gibt es einen Weg zwischen Schwelgen und Kasteien?
Wir können die Welt nicht reparieren, wir können nicht einmal unser eigenes Leben reparieren. Indem wir das Versagen akzeptieren, bekräftigen wir unsere Bereitschaft, immer und immer wieder von vorn anzufangen. Indem wir das Versagen akzeptieren, ändern wir uns, erneuern uns, passen uns an, hören zu und wachsen. Nur wenn wir üben, ohne Erfolg zu erwarten, können wir uns der Welt öffnen, dem Leid und der Freude. Welch unerhörter Mut liegt darin, den Verlust des Sicheren, Bekannten zugunsten des Unsicheren, Unbekannten zu riskieren: das, was Du zu beherrschen glaubst, zugunsten Deiner wahren Fähigkeiten aufs Spiel zu setzen! Welche Freiheit - nicht immer alles richtig machen zu müssen, nicht auf den Erfolg hin leben zu müssen! Indem wir uns dem Versagen öffnen, öffnen wir uns der Grösse des Unbekannten, nehmen bedingungslos teil, erneuern unser Leben.


Nach 5 Tagen Schnupfen, "die Nase voll haben", bin ich wieder am Gesunden.