Donnerstag, 14. Oktober 2010

Vorvorvorvorgestern: Tumpek Landep







Im Bali-Kalender steht unter dem 9.10.2010 Hari Tumpek Landep. Ich hatte mich gefreut auf diesen Tag. Neben der Freude auch ein Hauch von Mulmigkeit im Bauch: zum ersten Mal mit dem Motorrad Club auf Tour. Thea hatte in der letzten Indonesisch Lektion vorgeschlagen, die Tumpek Landep Zeremonie zu Ehren von Sang Hyang Pasupati, dem Hüter aller Dinge aus Eisen wie Waffen, Werkzeuge und eben auch Motoren in den Ausflug zu integrieren. Der Vorschlag passte und ich sah mich schon voller Freude meine Yamaha Jupiter lenken. Da liess mich kurz vor Aufbruch der gutgemeinte und mit grosser Selbstverständlichkeit geäusserte Wunsch meines Liebsten, doch auf seiner Honda Tiger hintendrauf mitzufahren, in tiefste Verzweiflung stürzen. Sovieles kam hoch: die Erinnerung und das verletzte Vertrauen an den Sturz vor gut 2 Jahren, die verletzte Freude des kleinen Mädchens, das etwas SELBER machen will und nicht darf, das Schuldgefühl der Geliebten, die die Fürsorglichkeit und das Vertrauen in den Liebsten enttäuschen muss. Gründe genug mich heulend in eine Ecke zu verziehen und der gemeinen Welt den Rücken zu kehren. Aber wollte ich mir wirklich die Freude an diesem Tag verderben? NEIN! Also durchatmen, Nase putzen, Tränen abwischen, die verletzten Teile achtsam aufheben und mich zur Abfahrt am Lenker meiner Jupiter vorbereiten. Yeah, es kann losgehen!
Wir sind nicht die letzten, die am Treffpunkt bei Raymond ankommen. Daniela meldet Verspätung wegen eines Platten (deutsch Reifenpanne oder indonesisch Kempes). Zeit für Kaffee und Plauderei bis es mit 8 Motorrädern in Schlangenformation losgeht Richtung Kekeran, dem Heimatdorf von Putu, bei dessen Familie die Zeremonie stattfindet. Die Motorräder in Reih und Glied geparkt. Herzliche Begrüssung durch die Hausbewohner.
Ich lasse mich tragen vom Gebimmel der Glocke des Priesters, dem Singsang seiner Assistentinnen, den duftenden Schwaden der Räucherstäbchen, den achtsamen Gesten zeremonienkundiger Hände...Frieden und Dankbarkeit breiten sich aus, verbinden, berühren...
Das Gebimmel verklingt wieder, die Zeichen der Segnung sind verteilt, wir fahren weiter vorbei an kunstvoll angelegten Reisterrassen zum Aussichtspunkt. Trinken. Beine vertreten. Haare schütteln. Schauen. Und wieder Helm auf und Bein über den Sattel schwingen, Gas geben. Nächster Halt: Schoggi-Ggorné. Und ja, zum grossen Baum möchte ich auch mal. In Gesin steht er, sie?, tief verwurzelt mit der Erde. Ich erinnere mich, dass die alten Korkeichen in Portugal nicht mehr sobreiro sondern sobreira genannt werden. Am Baum weist ein Schild darauf hin, dass menstruierende Frauen keinen Zutritt haben. Ich schlängle mich hinein ins Wurzelwerk dieses alten Wesens. Was nach oben wachsen will, braucht starke Wurzeln und viel Zeit und Geduld, geht es mir durch den Kopf. Lange habe ich mich vorwiegend um meine Flügel gekümmert. Es ist an der Zeit, die Wurzeln wachsen zu lassen. Weiss noch nicht, wohin das führt, aber ich wühle schon mal vermehrt in der Erde. Vielleicht verwurzelt fliegen mit Maria Cambra Skadé oder Yoga mit Angela Farmer in Griechenland. Bevor die Gedanken noch weiter schweifen, kommt das Aufbruchsignal. Mein Hintern ist froh, dass es nach Hause geht. Doch zuerst ist noch eine Mutprobe zu bestehen. Meine Vorfahrer lenken zielstrebig in ein schmales, steiles Strässchen weg von der Hauptstrasse. Nein, da mach ich nicht mit. Doch dann kommt eine Portion Ermutigung von Raymond und ich bin wieder auf Kurs und es ist gar nicht so schlimm!
Nach einem letzten Halt mit viel Schärfe in einem Warung in Seririt trennen sich unsere Wege, Daniela mit Gede, Esther, Rita und René nach Lovina, Raymond nach Kalianget, Jan und Anita, Margrit, Brigitte und Tschan nach Tukadmungga, wir nach Gintungan.
Link zur Tourkarte, aufgezeichnet mit Raymond's Navigator.

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