Dienstag, 14. Februar 2006

Auf Distanz gehen

Am Samstagmorgen putze ich das Haus und dann raus aus der Stadt. Aus den Lautsprechern tönt die Musik von Buddy Holly. Sie versetzt mich in eine andere Zeit meines Lebens. Ich sitze wieder frisch verliebt im roten MG meines Liebsten. Wir sind gerade in unseren ersten gemeinsamen Urlaub gestartet nach hartem Ringen um das Einverständnis meiner Eltern. Zum Abschied winken sie mir liebevoll nach und ihre besten Wünsche begleiten mich. Beim Sattler, mit dem mein Vater ab und zu zusammengearbeitet hat, wenn ihm Leute nicht nur Schuhe zum reparieren brachten, hatte ich noch die Dachplane des MG instandstellen lassen. Eine Naht war gerissen. Wir fahren Richtung Côte d'Azur und Costa Brava. Nizza, Cannes, St.Tropez, Negresco, Promenade des Anglais, magische Namen aus Geschichten meines Vaters aus seinen Abenteuerjahren tauchen auf. Ein Hauch jener jugendlichen Verzauberung streift mich. Dann falle ich ins Jetzt zurück. Spüre das Gewicht der Jahre und die Bedeutung des Wortes lebensmüde. Noch einmal huscht die Szene aus dem Mozartfilm von gestern durch meine Gedanken, wo Mozart krank und müde vom Leben im Bett liegt.
Im Baan Raai Lanna Resort finde ich ein anderes Thailand. Reisfelder, gemächliches Dorfleben, Bananenplantagen, Bambushaine, lachende Gesichter, winkende und byebye rufende Kinder. Auf dem Abendspaziergang rennt uns ein Paar nach. Sie gestikulieren wild mit einem Zettel, der sich als englische Betriebsanleitung für einen Pool entpuppt. Sie sprechen ziemlich gut englisch, aber verstehen einen Satz mit dem Wort disconnect nicht. Wir können helfen nicht mit Thaiübersetzung, aber mit öffnen der Schnalle meiner Bauchtasche.
Das Wochenende hier ist einerseits mein Geburtstagsgeschenk meines Liebsten, andererseits soll es uns Klarheit bringen, ob wir uns in ein neues Hotelprojekt stürzen wollen. Die Situation konfrontiert mich wieder mit meinem La Sirena Abenteuer. Alte Gefühle und Erinnerungen steigen auf. Muss und will ich das alles noch einmal erleben? Statt karibisch diesmal thailändisch? Und ohne die jugendliche Verzauberung von damals? Dafür mit 15 Jahren mehr Erfahrung? Doch ich weiss auch, dass das vollen Einsatz und Konzentration aller Kräfte bedeutet. Doch die Kräfte gehen im Moment in eine andere Richtung.
In meinem Kopf spuken die Gedanken wirr durcheinander.