Montag, 27. Februar 2006

Internetrausch?

Nach über 100 Postings ist es Zeit, mein Tun mal kritisch zu betrachten. Zudem ist auch die Leitung verstopft und ich kann mich nicht rausreden, ich müsste noch schnell diesen Link oder jenen Link verfolgen. Manchmal stecke ich schon in diesem Verfolgungswahn drin. Die Links locken mich immer weiter in den Internet-Dschungel hinein wie bunte Schmetterlinge. Und plötzlich ist es tiefe Nacht, meine Augen brennen und sind gerötet, die Muskeln steif vom langen Schneidersitz. Selber schuld!
Früher hab ich mir mal gewünscht, Gedanken lesen zu können. Heute stehen viele Gedanken vieler Menschen in ihren Blogs geschrieben und ich kann sie lesen. Bin teilweise sogar süchtig danach, sie zu lesen. So wie ich früher samstags, oder war es sonntags, immer die nächste Folge von "Lindenstrasse" ansehen musste. Eintauchen in andere Leben und dabei das eigene Leben abschalten. Eine neue Dimension in den Blogs ist die Kommentarmöglichkeit. Ich kann mit anderen Bloggern ins Gespräch kommen. Ich kann senden und empfangen. Ich habe die Wahl, wann ich sende und empfange und welchen Sender. Vorausgesetzt natürlich ich habe einen Computer und bin verbunden mit dem Internet. Das verteilt und balanciert die Macht der Massenmedien wieder und daraus schöpfe ich Hoffnung für die Zukunft. Manipulieren wird schwieriger, wenigstens unter den Internet-Teilnehmern. Allerdings entsteht durch die riesige Ansammlung von Information und ihre schnelle Verfügbarkeit ein neues Leiden, die Qual der Wahl und der Schnelligkeit. Ist hier ein Prozess wie in der Atombombe im Gang? Wenn die kritische Masse erreicht ist, dann knallt's?
Aber vielleicht nehme ich diesen Technologiewandel auch einfach anders wahr. Weil er mir nicht in die Wiege gelegt wurde, so wie Telefon, Zeitung, Fernseher und Radio. Sondern ich ihn ganz bewusst als Veränderung miterlebe. Veränderung, die mich herausfordert. Weil das, wovon wir im Studium damals als Zukunftsmusik sprachen, jetzt Wirklichkeit ist. Damals war mir auch nicht bewusst, dass ich meine eigene Zukunftsmusik komponieren kann. Und jetzt ertönt wieder neue Zukunftsmusik. Ich möchte mitkomponieren. Verbunden sein. Wie eine Spinne im Netz das Erzittern der Fäden spüren, wenn sich was tut. Die Fäden, die ich selber spinne, aufspanne und verknüpfe. Ja das Verknüpfen, Verlinken, mit anderen. Dadurch erst entsteht die Netzstruktur. Ein Gebilde, wie ein übergeordnetes Gehirn über alle Grenzen hinweg. Texte, die nicht mehr linear verlaufen, sondern sich in jedem Wort verzweigen können. Mind maps.
Und warum schreibe ich nun ein Blog? Weil mich neues begeistert. Weil ich gern schreibe. Weil ich meine Gedanken, meine Erlebnisse, meine Ängste, meine Welt mitteilen möchte. Weil ich verbunden sein möchte. Es ist mein Schrei in die Welt. Meine Hoffnung auf ein Echo.