Windböen jagen gerade durch's Haus, schmettern Türen zu und bringen willkommene Abkühlung. Seit einigen Tagen habe ich mich der Klimaanlage ergeben. Erst in den frühen Morgenstunden sinkt die Temperatur unter 30 Grad. Heute nacht wird es anders sein.
Aus einem email springt ES mich an, plötzlich, überraschend, doch nicht so heftig wie bisher in meinem Leben.
Nicht so wie damals in der Karibik, als ES mir mit seiner unbezähmbaren Sinnlichkeit unter die Haut kroch und den Verstand raubte. Der Verstand kam zurück. Die Liebe wurde grösser.
Nicht so wie damals in Zürich, als ES mich aussen wie Eis erstarren liess und innen mit tausend Flammen erhitzte, bis ES den Eispanzer in Stücke sprengte und sich an den Bäumen am Fusse des Üetlibergs austobte. Die Bäume hielten ES aus. Die Liebe auch und wurde grösser.
Nicht so wie damals in Portugal, als ES als brasilianische Vision auftauchte und meinen Körper wie eine Leiche erstarren liess, während ES im Innern brodelte und kochte und die Leiche zur Mörderin erweckte. Wilde Trommelrhythmen füllten damals die Nacht bis zur Erschöpfung. Die Trommel hielt ES aus. Die Liebe auch und wurde grösser.
ES zulassen statt verdrängen.
Draussen entlädt sich die hitzige Spannung in Blitz und Donner und rauschendem Regen. Der Himmel nimmt teil an Songkran und bespritzt alles mit seinem lebenspendenden Nass, damit ES wachsen kann.
ES hat mich mit Georg Groddeck bekannt gemacht, der ES untersuchte, das Buch vom ES schrieb und in Knonau im Säuliamt bei Zürich starb. Von ihm hat Sigmund Freud den Begriff ES übernommen.