Ich schwinge mich kurz nach 7 Uhr auf mein Fahrrad. Frische, würzige Luft kommt mir entgegen, füllt meine Lungen, treibt die Flausen aus dem Kopf. Hinter dem Zoo suche ich eine Abkürzung ins Vale dos Coelhos. Finde eine durch den Graben der neuen Wasserleitung, über ihren Schuttberg und durch wilde Büsche, deren wattige Samen sich gleich an meine schwarze Vliesjacke heften. Beflockt tauche ich wieder auf der Strasse auf und hole Inge mit ihren 2 Hunden ein. Bei Gitte hole ich mir noch den Bergpreis im Aufstieg zum Haus, bevor es überhaupt losgeht. Durchatmen, trinken, wiedersehen nach einem Jahr. Die zweite Chance, den "richtigen" Weg nach Carrapateira zu gehen oder einfach noch einen anderen Weg kennenzulernen. Ich begrabe mein Besserwissertum gleich zu Anfang und vertraue mich ganz Gitte an, die den Weg mittlerweile schon mehrmals gegangen ist und noch viele andere Wege in der Algarve kennt. Ich höre, dass das Vorhaben, den Caminho Portugues von Porto nach Santiago zu gehen, am 13.Juni beginnt. Und erkenne später beim Mittagessen im O Sitio do Rio den Autor
Raimund Joos des
Wanderführers als den Herbergsvater von der Pilgerherberge in Salamanca, mit dem ich im Herbst 2004 zusammen mit Jesús aus Madrid einen heiteren bayrisch-spanisch-schweizerischen Pilgerabend verbrachte.
Con queso, pan y vino se anda el camino!
Hab Lust in meiner Schatzkiste nach meinem Pilgertagebuch zu graben.
Inge war vor ein paar Tagen in einem Wildpflanzen-Seminar und teilt ihr neues Wissen mit uns. Und so naschen wir Blüten von Natterkopf, wilder Wicke, weisser Zistrose, Windkraut und violetter Distel, die am Wegrand stehen und uns zunicken. Dazu noch die knusprig-trockenen Samen von Grashalmen, die auch ihr Esel mag. Vom Esel lernen, sich zu nähren! Nach 65 Regentagen im Winter fliesst das Wasser noch in den Bächlein und die Täler sind grün. Rosenbüsche verströmen ihren süssen Duft. Glockengebimmel mit einem Hauch von Stallwürze bereichert die Käsebrot-Früchte-Oliven-Pause. Wieder ganz da!