Sonntag, 14. Januar 2007

Grosszügigkeit

Gestern noch wollte ich Dir von meinem wiederentdeckten Studentenleben erzählen. Doch mit der gestrigen Charity Party der hiesigen Expat Community zugunsten der School for Life hat sich ein anderes Thema in den Vordergrund gedrängt. Wohltägigkeit und in einem weiteren Rahmen Grosszügigkeit. Erinnerungen an die Kindheit werden wach, wie ich im Kindergarten und zuhause vor Weihnachten jeweils Weihnachtsgeschenke für Eltern, Grosseltern und Onkel und Tanten gebastelt hatte. Freudig. Dann später in der Schule und im Gymnasium hatte ich nicht mehr soviel Zeit, dafür eigenes Taschengeld. Und so begannen die Weihnachtsgeschenkeinkaufsräusche. Anfangs fühlte es sich gut an, sich diesen gleissenden, sinnenbetörenden Erlebnissen hinzugeben. Aber von Jahr zu Jahr wurde der Weihnachtsrummel hektischer und stressiger und es wurde immer schwieriger, die richtigen Geschenke zu finden. Sie sollten ja nützlich sein und den Beschenkten erfreuen. Meine Freude zu Schenken hatte sich schon längst in Stress und unangenehme Pflicht verwandelt, was sich in einem ausgeprägten Weihnachtskoller und später Weihnachtsflucht in tropische Inselparadiese ausdrückte. Damit war ich nicht allein. Denn schliesslich vereinbarten wir in der Familie Geschenkverzicht so ähnlich wie Waffenstillstand. Oder wie die kanadische Regierung 1884 die Potlach-Feste verbot.
Wahrscheinlich sind es all die mit kindlichem Schenkfrust verbundenen Gefühle und Wertvorstellungen, die mich jeweils an Charity Parties lawinenartig überfallen. Und doch ging ich gestern zum zweiten Mal hin. Nahm mir vor, offen zu sein, ganz mich selber zu bleiben. Das blieb ich dann auch natürlich mit all meinen alten Prägungen und der Gefühlssturm wühlte grosse Wellen auf im stillen See. OK, Wellen anschauen.
Wie kann ich meine Grosszügigkeit stärken? Weise Lehrer empfehlen, über den Tod zu reflektieren.
Was ist sicher im Leben? Dass ich sterben werde.
Wann werde ich sterben? Vielleicht morgen, in einer Woche, in einem Monat, in 1 Jahr, in 10 Jahren, in 20 Jahren, in 50 Jahren?
Wie werde ich sterben? An Krankheit, von einem Auto überfahren, erstochen, erschlagen, erstickt, verhungert?
Was ist wichtig, im Moment des Todes? Die Höhe meines Bankkontos, die Kleider, die ich trage, das Haus, in dem ich lebe, die Beziehungen, die ich habe oder der innere Friede und die Freude darüber, mein Leben genutzt zu haben um Gutes und Heilsames für mich und andere getan zu haben? Lächelnd und ein bisschen weiser zu sterben als ich geboren wurde.
Den Wunsch nach Weisheit prognostizieren jetzt auch die Zukunftsforscher. Aber warum warten bis 2067?