Auf dem Bahnhof. Ein Zug fährt ein. Ich steige ein. Es ist der
Nachtzug nach Lissabon. Er fährt durch vertrautes Gebiet. Und doch sehe ich es, lese ich es mit anderen Augen. Wie kann ich meine Wahrheit finden und zur Sprache bringen? Der Versuch, sich an etwas Vertrautem festzuhalten, wird zum Abschiednehmen. Ich nehme Zuflucht zum Handwerklichen. Experimentiere mit der neuen Labelfunktion im Blogger. Labels sind Etiketten. Ich versuche mich auf die
10 Paramis und einige Interessengebiete zu beschränken. An ein Posting kann ich beliebig viele Etiketten kleben. Nicht wie meine Oma, die auf jedes Einmachglas ein Etikett klebte. Wenn man es las, wusste man, was drin war. Manchmal wünsche ich mir eine solche Ordnung in meinen Gedanken, in meinem Blog. Doch schon
verzettle ich mich wieder und lande in Zettel's Traum von Arno Schmidt. Der Zug rattert weiter.
Und plötzlich ergab es einen Sinn, dass er in dieser Stadt war, einen Sinn freilich, den man nicht benennen konnte, im Gegenteil, es gehörte zu diesem Sinn, dass man ihm nicht Gewalt antun durfte, indem man versuchte, ihn in Worte zu fassen.
aus Nachtzug nach Lissabon von
Pascal Mercier