Donnerstag, 30. August 2007

Das Rätsel im Wald

Samstag, 25.August 2007, 14 Uhr. In 2 Stunden würde der Gong zum zweiten Mal schlagen. Für sie und die anderen 8. Sie spürte Hektik aufsteigen. Würde die Zeit reichen? Würde sie es finden? Oder war sie wieder einmal zu lange sitzengeblieben? Hatte sie sich wieder mal zu sehr von Sinnesfreuden ablenken lassen?
Sie fühlte sich wie eine Selbstmörderin auf dem Gleis. Unaufhaltsam ratterte der Zug näher und näher und wurde grösser und grösser. Steh auf, beweg dich, geh in den Wald, folge dem Weg. So wisperte eine Stimme in ihr. Da gab sie sich einen Ruck, raffte ihr ganzes Vertrauen zusammen und liess Zweifel und Ängste liegen. Ihre Füsse freuten sich und drängten vorwärts. Doch statt inspirierender Waldesruh kam ein holperndes, lärmendes Ungeheuer in Form eines riesigen Traktors auf sie zu. Am Anhänger kreisten lange,spitzige Heugabelzinken und wirbelten das geschnittene Gras auf. Instinktiv zog sie die Zehen ein. Würde das Ungeheuer ausweichen? Kaum gedacht, schon setzte es zu einem Bogen an und der Bauer am Steuer rief ihr ein freundliches Bonjour zu. Sie setzte ihren Weg fort über den stoppligen Acker zum Waldrand. Dichtes Brombeergestrüpp. Doch da eine Lücke. Sie zwängte sich hindurch und hielt inne. Plötzlich war alles anders. Die Hitze war einer erfrischenden Kühle gewichen. Das grelle Sonnenlicht wurde durch das grüne Blätterdach gefiltert und schmeichelte ihren Augen. Die Haut der Erde war nicht mehr stopplig, sondern moosweich und mit federnden Schritten folgte sie dem schmalen Pfad. Alles wunderbar, aber was sollte sie hier finden? Eine orange-braune Waldschnecke kroch langsam über den Weg. Sie hockte sich hin. Du hast es gut, für dich schlägt kein Gong, ging es ihr durch den Kopf. Doch bevor sie der Schnecke weiter was vorjammern konnte, hörte sie rhythmisches Knacken hinter sich. Jetzt nur keiner Menschin begegnen. Und weiter trieb es sie dem Weg entlang den Hang hoch. Da leuchtete es ihr plötzlich hell entgegen. Ein behauener Stein, bewuchert von Moos und herzblättrigem Efeu. Hatte sie eine Spur gefunden? Sie ging noch ein Stück weiter und stiess auf einen zweiten Stein ähnlich dem ersten, aber ohne Bewuchs. Deutlich konnte sie die eingekerbten Zeichen erkennen. Sie schloss die Augen und liess ihre Finger den Linien im Stein folgen. 1 - 9 - 3 - 6 . Da wusste sie, sie hatte das Rätsel gefunden. Freude erfüllte sie und voller Heiterkeit hüpfte sie den Weg zurück dem Gong entgegen.