Montag, 30. Juni 2008

Tukang Las

Eisenstangen fuer die Baustelle

Gestern abend kam nur ein SMS von Sanoka. Heute morgen dann kam Sanoka persoenlich, der Tukang Las mit Sohn Nr.2 und einem Gehilfen. Mit Tukang wird hier ein erfahrener Handwerker bezeichnet. Der Zusatz Las weist auf die Art des Handwerks hin. In diesem Fall ist es Schweissen. Sanoka wohnt und arbeitet mit seiner Familie in Tukad Mungga, einem der Doerfer, das an Lovina grenzt. 15 Jahre war er als Security Guard in einem Hotel und hat dabei Gaestebegruessungen in etwa 10 verschiedenen Sprachen gelernt. Auf mein Selamat pagi antwortet er mit Bonjour.
Die 3 Maenner haben auf 2 Mopeds die 3 vor einigen Tagen bestellten Terali besi, Eisengitter, fuer unsere Fenster im Erdgeschoss transportiert. Ein Auto kann sich Sanoka bei den Benzinpreisen keines mehr leisten. Das Muster fuer die Gitter hatte ich in seiner Werkstatt aus einem Katalog ausgewaehlt. Die Farben ebenfalls. Anschliessend kam Sanoka mit Tochter Nr.3 und Sohn Nr.4 vorbei um Mass zu nehmen und eine Offerte zu machen. Wir einigten uns auf 1,1 Mio. Rupien. Nach einer Anzahlung von 300'000 Rp. machte er sich auf den Weg nach Singaraja um die Eisenstangen zu kaufen. Jetzt steht das Resultat vor mir, sieht gut aus und passt nach erstem Hinhalten. Jetzt muessen die Gitter nur noch in die Fensterrahmen aus Holz montiert werden. Kein Problem fuer einen Tukang mit Gehilfen, denke ich und erinnere mich in Bescheidenheit an meine handwerklichen Experimentierjahre in Portugal. Der Rucksack von Sanoka offenbart eine Bohrmaschine, eine Flex und diverses Werkzeug. Zu dritt werden die Gitter Handgelenk mal Pi in die Mitte des Rahmens eingepasst. Mit einem Nagel werden die Stellen der vorbereiteten Loecher im Rahmen des Gitters auf den Fensterrahmen markiert. Gehilfenarbeit. Dann kommt der Chef mit der Bohrmaschine zum Einsatz. Er gibt Vollgas und drueckt den Bohrer an einer markierten Stelle bis zum Anschlag in den Fensterrahmen. Aus dem Bohrloch steigt Rauch. Das Holz heisst nicht umsonst Eisenholz. Mit dem Rauch steigen bei mir leichte Zweifel auf. Doch einem Tukang mit 15-jaehriger Security Erfahrung wage ich nicht zu sagen wie man nach meiner Erfahrung am besten ein Loch in hartes Holz bohrt. Vielleicht hat er ja eine andere erfolgreiche Methode, hoffe ich. Zudem hat er die gleiche Arbeit bei Mr. Jembe gemacht, der ein Handwerksprofi ist. Und so beobachte ich nur wachsam weiter. Nach einer Weile sind alle Loecher gebohrt und der Rauch hat sich wieder verzogen. Jetzt sind der Gehilfe mit Schraubenzieher und Sohn Nr.2 an der Reihe. Der einzige Schraubenzieher passt nicht so ganz in die Schlitze der Schrauben. Doch dafuer hat Sanoka ja vorausschauend die Flex mitgebracht. Kurzentschlossen schliesst er sie an und schleift den Schraubenzieher zurecht. Die Funken spruehen in Richtung meines Bettzeugs, das am Staender vor der Terrasse haengt. Doch nicht so weit, dass ich dem Tukang ins Handwerk fallen muesste. Der Schraubenzieher ist jetzt so schmal, dass er in jeden Schraubenschlitz passt. Waehrend Sanoka schliff, hab ich schon mal vorsorglich unsere Werkzeugkiste herangeschleppt und einen passenden Schraubenzieher gefunden. Der Gehilfe nimmt ihn ganz selbstverstaendlich an und beginnt zu schrauben. Die Schrauben senken sich verdaechtig leicht in die Loecher. Am Schluss erhaelt noch jede Schraube einen Abschiedsschlag mit dem Hammer auf den Kopf. Die Handwerkerin in mir schreit auf. Die Buddhistin in mir laechelt, weil sie sich an Steve's Geschichte von dem Mann erinnert, der ein komplexes Haus nur mit einem Hammer gebaut hat, weil das sein liebstes Werkzeug war. Ich schaue mir das Werk an und ruettle ein bisschen am Gitter. Es haelt. Also Zeit fuer ein paar Mandarinen, kuehles Wasser und einen Schwatz mit dem Trio. Freudig bringe ich die Erfolgsmeldung meinem Liebsten und mache die Restzahlung bereit. Da bricht wieder einmal das Unglueck ueber mich Schoenseherin herein. Der Liebste sieht sich das Werk nicht nur an, sondern testet es gleich, wie wenn er der Einbrecher waere. Bei dem kraeftigen Geruettel fliegen einige der totgehaemmerten Schrauben aus ihren viel zu grossen ausgeraeucherten Loechern. Ich rufe den Tukang wieder zurueck. Er sieht ein, dass es so nicht geht und gibt die Restzahlung zurueck bis auf 100'000 Rp., von denen er verspricht, besser passende Schrauben zu kaufen.
Doch erstmal ist Mittagspause. Bei uns gibt es Tomatensalat und Kaesebrot. Das Trio freut sich auf eine Portion Nasih in einem Warung. Erstaunlich schnell sind sie wieder da mit einer neuen Schachtel Schrauben, die kaum dicker, aber fast 2cm laenger sind. Trotz aller Kraft und passendem Schraubenzieher lassen sich die neuen Schrauben nicht ganz in die alten Loecher versenken. Also muss nochmal die Bohrmaschine her. Da einige der ersten Schrauben den Einbrecher-Ruetteltest ueberstanden haben, laesst sich das Gitter nur unter zusaetzlichem Aufwand entfernen. Und man kann ja auch durch die vorgebohrten Loecher im Gitterrahmen bohren, denkt sich Sanoka und tut's. Zur Reibungswaerme im harten Holz kommt jetzt noch eine leichte Schraeglage des Bohrers und die Beruehrung mit dem Gitterrahmen. Zuviel fuer den Bohrer. Die Spitze bricht ab und bleibt im Bohrloch stecken. Sanoka und sein Gehilfe stehen vor einer neuen Herausforderung. Wie entfernt man einen abgebrochenen Bohrer aus einem Bohrloch? Ich stehe vor einem wutentbrannten Liebsten. Erstmal abwarten, bis sich der Rauch verzogen hat. Der Tukang zieht ab mit dem Auftrag passende Schrauben zu kaufen. Ich erwache unsanft aus meiner Schoenseherei in die harte Wirklichkeit, dass eben ein balinesischer Tukang kein schweizerischer Handwerksmeister ist. Und ich sehe den Grand Canyon, den es zu ueberbruecken gilt.