Mittwoch, 16. Juli 2008

Von Matte zu Matte Teil 1

Am Sonntagmorgen hab ich meine Yogamatte zusammengerollt und in die Ecke gestellt. Dann hab ich mir meinen Bauchbeutel umgeschnallt, darin ein Air Asia Ticket von Denpasar nach Kuala Lumpur, ein Zugticket fuer den Langkawi Ekspres nach Hat Yai, Pass mit gueltigem Thailand-Visum und Geldbeutel mit verschiedenen Plastikkarten, Rupienscheine mit vielen Nullen und wenig Wert, Ringgitscheine und Bahtscheine, dazu eine 5-Dollarnote, die ich als Herausgeld bei der letzten Visumbeschaffung fuer Indonesien erhielt. Mit Dollars kann man ueberall zahlen. Dazugedacht: im Moment noch. Den gruenen Rucksack gebuckelt, der gerade noch als Handgepaeck erlaubt ist, und die ebenfalls gruene Umhaengetasche geschultert, die ich Moenchstasche nenne, weil ich sie im Kloster immer mit mir trage. Sie ist schwer von Bananen aus dem Garten und meinem Schreib- und Lesezeug. Wie meistens begleiten mich mein Liebster und mein pfaelzischer Nachbar im Taxi zum Flughafen. Sie nutzen die Transportmoeglichkeit fuer Einkaeufe im Shopping-Paradies Kuta.
Am Flughafen das uebliche Check-In Prozedere. Nur die Departure Tax kostet 150'000 Rupien statt 100'000, wie ich dachte, weil ich es in einem veralteten Reisefuehrer nachgelesen hatte. Der Lautsprecher kuendigt an, dass sich das Boarding wegen eines technischen Problems um eine halbe Stunde verzoegert. Sofort werden Erinnerungen wach: an meine letztjaehrige Europareise, wo ich den Anschlussflug in Bangkok verpasste, und an all die Sendungen ueber Flugunfaelle, die ich mir in den letzten Wochen auf NGC angeschaut hatte. Nach einer halben Stunde scheint das Problem geloest und wir steigen ein, Passagiere, die die Express Boarding Gebuehr bezahlt haben, zuerst. Ich gehoere zu den anderen und nehme einfach den erstbesten Platz, der noch frei ist. Ich freu mich schon auf mein Zugbett im Langkawi Ekspres, den ich mit einer halben Stunde Verspaetung problemlos noch erwischen werde. Denke ich. Doch die Vorfreude dauert nicht lange. Ueber Lautsprecher werden wir informiert, dass das techn. Problem noch nicht geloest ist und dass zur Loesung der Strom im Flugzeug abgestellt werden muss und deshalb die Passagiere wieder aussteigen muessen. Ich sammle meine Gepaeckstuecke zusammen. Dann eine Weile keine Information. Schliesslich die Durchsage, dass der Flug mit der naechsten Air Asia Maschine um 20.15 Uhr stattfindet. Der Langkawi Ekspres verlaesst Kuala Lumpur um 20.45 Uhr. Ich verabschiede mich in Gedanken von meinem Zugbett und versuche das beste zu machen mit der geschenkten Zeit. Lerne Mona und ihre Nichte kennen, die 4 Tage Urlaub in Bali gemacht haben und auf der Heimreise nach Kuala Lumpur sind. Und Vincent, der in Bali fuer eine franz. Firma Webseiten programmiert und fuer 1 Monat in die Heimat fliegt. Er hat Glueck, sein Anschlussflug in Kuala Lumpur startet erst um 2 Uhr nachts. Das reicht auch mit 6 Stunden Verspaetung noch locker.
Nachts um halb zwoelf stehe ich etwas ratlos im Flughafen von Kuala Lumpur. Wie weiter? Wo schlafen? Die kuehle Dame am Info-Schalter hilft. Ausgeruestet mit einem Stadtplan und der Information, dass es am Puduraya Busterminal Verbindungen nach Hat Yai gibt, nehme ich den Flughafenbus fuer 9 Ringgit in die Stadt. An der Endstation wartet auch schon ein dickbaeuchiger, netter Inder auf obdachlose Passagiere. Ich lasse mich zum Wheelers Guesthouse fuehren zusammen mit einer 5-koepfigen Familie, die gerade eine 34 Stunden dauernde Reise aus der Schweiz ueber Kairo und noch eine Stadt hinter sich hat. Sie strahlen soviel Vertrauen und Staerke aus, dass ich mich ganz schnell aller meiner Soergeli schaeme und mir ein gutes Beispiel an den Kindern nehme. Fuer 30 Ringgit habe ich ein sauberes Bett zum Schlafen und kann vorher duschen. Mehr haette der Langkawi Ekspres auch nicht geboten.
Da ich nicht weiss, wann die Busse fahren, mach ich mich schon um 6 Uhr wieder auf zum Busterminal. Kuala Lumpur ist am Erwachen. Eddie Lim, ein knochiger, geschaeftstuechtiger Chinese mit Funkgeraet, verkauft mir fuer 50 Ringgit ein Busticket fuer den 8.30 Uhr-Bus. Viel Zeit zum Fruehstuecken. Ich lande bei einem Inder, wo ich mich auf eine heisse Limonade und gebratene Nudeln mit Gemuese verstaendige. Ich beobachte die indische Zeremonie im Nachbargebaeude und die indischen Maenner um mich herum, die gekonnt ihre Finger benutzen, um aus Reis Baellchen zu formen oder von Roti Stuecke abzureissen und sie dann in irgendwelche Sossen zu tunken. Mir hat der Kellner Gabel und Loeffel hingelegt. Als ich ihm sage, dass mir die Limonade schmeckt, deutet er auf einen Mann in der offenen Kueche und nennt ihn den Limonaden-Spezialisten.
Im Busterminal esse ich noch ein paar Fruechte, die von den Verkaeufern frisch geschaelt und mundgerecht geschnitten werden, versorge mich mit Wasser und besteige dann den Bus. Und schon bald rolle ich im bequemen, breiten Fauteuil Thailand entgegen. Mein Sitznachbar ist Indonesier und interessiert sich brennend fuer die Preise von allem moeglichen. Doch Zahlen haften in meinem Gedaechtnis weniger gut als Woerter und so muss ich ihn mit vielen "I don't know"s enttaeuschen und bin froh, als er die Fragerei endlich aufgibt und ich mich in meine eigene Gedankenwelt zurueckziehen kann. An der Grenze zu Thailand erhaelt mein Pass 2 neue Stempel und die Departure Card. No Problem. Auf der malayischen Seite steht zum Abschied ARMY IS THE BEDROCK OF NATIONS SOVEREIGNTY.
In Thailand taucht Vertrautes auf. Tempel mit Krematorium, Geisterhaeuschen-Laden, liebevolle Unordentlichkeit um die Haeuser. Sowas wie Heimatgefuehle beschleichen mich. Und die Frage, warum ich das alles schreibe, wo ich jetzt hier sitze, am Strand in Koh Phangan, auf's Meer hinausschaue, die sanfte Brise geniesse, die die heisse Sonne ertraeglicher macht und 2 Schweizerinnen zuhoere, wie sie sich ueber Meditation unterhalten, waehrend der noch nicht einjaehrige Sohn der einen sich im Gehen auf 2 Beinen uebt.