Dienstag, 6. Oktober 2009

Boules im Handgepaeck

Vor einigen Wochen kam mir die gloriose Idee zwischen Swimming Pool und Haus einen Petanque Court anzulegen. Ein solcher Platz braucht weder Bewässerung, noch muss Rasen geschnitten werden und er kann sowohl zum Spielen, Sonnen im Liegestuhl, wie auch zum Trocknen von Kaffee- und Kakaobohnen und Nelken benutzt werden. Also ganz im Sinne des Permakultur Designs, wo jedes Element mindestens 3 Funktionen haben sollte. Mein Liebster war zuerst etwas skeptisch, hat dann aber schon mal eine Flasche Pastis gekauft und nach Boules Herstellern in Australien geforscht. Alsbald landete dann auch ein email mit Links zu Herstellern verbunden mit einem Beschaffungsauftrag in meiner Mailbox. Und ab ging's zum Permaculture Design Course in Melbourne. Nach einigem Hin und Her von emails und SMS mit Miguel von Australia Boules wurden die Kugeln in ihrem Zipperbag rechtzeitig vor meiner Abreise aus Melbourne ins St.Arnaud Guest House geliefert. Eine Kugel wiegt gut 700g, 8 Stück davon packte ich in meinen Koffer. Dafür kam das dicke Permaculture Design Manual ins Handgepäck in der Hoffnung, dass so der Koffer die 20kg Marke nicht überschritt. Doch die Anzeige am Check-In Schalter pendelte sich auf 23kg ein und Bob von JetStar Airline stellte mich vor die Wahl, entweder 40$ Übergewicht zu bezahlen oder den Koffer zu erleichtern. Ein indonesischer Bauarbeiter muss 8 Tage arbeiten, um soviel Geld zu verdienen. Also packte ich die Kugeln ins Handgepäck und das Manual wieder in den Koffer, was die Anzeige auf unter 20kg brachte. Ich lächelte Bob zufrieden an bis zur nächsten Frage, wann ich denn Bali wieder verlassen würde? Ich: "Am 1.November". Er: "Welche Fluglinie?" Ich: "Air Asia nach Bangkok." Er: "Gut, kann ich das Ticket sehen?" Tja, daran hatte ich natürlich nicht gedacht, dass ich für den Rückflug nach Bali das Flugticket nach Bangkok brauchen würde. Aber kein Problem. Der nächste Internetzugang befindet sich gleich gegenüber im Hilton Hotel auf der 5.Etage. Bob behält meine Boarding Cards und den Koffer hinter dem Schalter und ich eile davon. Jetzt nur nicht in Panik geraten! Nach einigem Herumirren im Flughafen-Parkhaus finde ich den richtigen Lift zur Hilton Hotelrezeption. Eine nette Lady begleitet mich ins Business Center, schaltet Computer und Drucker ein und ich tippe etwas ruhiger Benutzerkennung und Passwort für meine Mailbox ein. Dort liegt im Ordner Reise-Doku die Flugbestätigung für den Bangkok-Flug. Ein paar Klicks und der Drucker zieht rauschend ein weisses Blatt Papier ein und raus kommt meine Flugbestätigung. Geschenk von Hilton! Die Zeit reicht für das restliche Eincheck-Prozedere und so bin ich bald auf dem Weg nach Darwin mit knapp 6kg Boules im Handgepäck. Erkältet und etwas müde freue ich mich auf einen entspannten Zwischenhalt in Darwin. Der Koffer wird von JetStar direkt ins Flugzeug nach Bali umgeladen. Ich nehme den Umweg durch die Eincheck-Schleuse für internationale Flüge. Breite meine Habseligkeiten auf dem Laufband aus: Bauchtasche, Plastikbeutel mit Flüssigkeiten nun nicht mehr über 100ml - Zahnpasta wurde schon in Melbourne konfisziert -, Laptop, Rucksack und Mönchstasche. Ich schreite durch den Metall-DetekTor. Dahinter werfe ich einen Blick auf den Bildschirm des Securitybeamten und sehe meine Boules. Da kommt auch schon misstrauisch die Frage, wem DAS gehört und was DAS sei. Ich zeige und erkläre. "Die Kugeln sind zu schwer!" Damit lässt er mich stehen, bis die Kolonne hinter mir durchleuchtet ist. Die Kugeln dürfen nicht in die Flugzeugkabine, da man damit jemanden erschlagen könnte. Aber ich kann sie am Check-In Schalter als Fragile Item aufgeben. Ok, also aus der Sicherheitszone hinaus, Rolltreppe hinunter in die Abflughalle zum Check-In. Ich erkläre der Lady am Schalter den Fall und überreiche ihr das Zipperbag mit den Kugeln. "Zu klein, das könnte verloren gehen. Sie brauchen eine grössere Tasche." Woher nehmen? Einen Laden mit Taschen gibt es oben in der Abflugzone, wo ich herkomme. Langsam macht sich etwas Ärger breit. Hätte ich bloss 40$ Übergewicht bezahlt! Blöde Security!! Blöde Terroristen!!! Blöde Idee, Petanque Kugeln in Australien zu kaufen!!!! Aber wie immer hatte ich mir die Suppe ja selber eingebrockt mit meiner gloriosen Idee vor ein paar Wochen. Also cool bleiben und die Suppe auslöffeln. Wieder durch die Sicherheitsschleuse, Habseligkeiten ausbreiten, Habseligkeiten einsammeln, Rolltreppe rauf, Laden suchen, passende Tasche auswählen und ab damit zur Kasse. 45$ soll das Stück kosten. Ich greife zum Bauchbeutel und...ins Leere. Adrenalinstoss! Dann die Erinnerung. Tasche an der Kasse lassen. Rolltreppe runter, unter der Abschrankung durch zur Sicherheitsschleuse tauchen, Beutel packen, wieder durch die Sicherheitsschleuse, Rolltreppe hoch, zur Kasse, zahlen, wieder Rolltreppe runter mit Tasche, Zipperbag mit Kugeln an der Sicherheitsschleuse abholen, in die Tasche verpacken, zum Check-In Schalter, Tasche registrieren lassen. Die Tasche bekommt einen rotweissen Aufkleber mit dem Wort FRAGILE und ich den Hinweis, dass ich die Tasche am Schalter für Oversize Gepäck abgeben muss. Also auf zum fröhlichen Suchen des Oversize-Gepäck-Schalters. Dort endlich nimmt mir ein freundlicher Mensch die Last ab. Ahhhhh, 6kg leichter, 45$ und einige Schweisstropfen ärmer. Remember! Bin jetzt im tropischen Darwin und nicht mehr im frühlingsfrischen Melbourne. Ein letztes Mal durch die Sicherheitsschleuse und die Rolltreppe hinauf. Dann lasse ich mich in einen Fauteuil sinken, beisse in einen knackigen Apfel, überdenke die Geschichte und breche in Lachen aus. Ob ich wohl jemals in Bali eine Partie Petanque spielen werde? Welche Komödien und Dramen wir doch immer wieder in unserem Leben spielen.