Mittwoch, 4. November 2009

Verwirrung

Die Luft erzittert von explodierenden Feuerwerkskörpern und Böllerschüssen. So muss es auf dem Schlachtfeld sein. Doch ich befinde mich in einem vermeintlich sicheren Apartment in der 5.Etage in Chiang Mai. Die Thais feiern Loy Kratong mit viel Lärm. Ich tauche ab in meine Schatzkiste, blättere im Nachtzug nach Lissabon:

Und dann las sie Sätze, die in ihr eine betäubende Wirkung entfalteten, denn sie klangen, als seien sie allein für sie geschrieben worden, und nicht nur für sie, sondern für sie jetzt und hier.
Von tausend Erfahrungen, die wir machen, bringen wir höchstens eine zur Sprache, und auch diese bloss zufällig und ohne die Sorgfalt, die sie verdiente. Unter all den stummen Erfahrungen sind diejenigen verborgen, die unserem Leben unbemerkt seine Form, seine Färbung und seine Melodie geben. Wenn wir uns dann, als Archäologen der Seele, diesen Schätzen zuwenden, entdecken wir, wie verwirrend sie sind. Der Gegenstand der Betrachtung weigert sich stillzustehen, die Worte gleiten am Erlebten ab und am Ende stehen lauter Widersprüche auf dem Papier. Lange Zeit habe ich geglaubt, das sei ein Mangel, etwas, das es zu überwinden gelte. Heute denke ich, dass es sich anders verhält: dass die Anerkennung der Verwirrung der Königsweg zum Verständnis dieser vertrauten und doch rätselhaften Erfahrungen ist. Das klingt sonderbar, ja eigentlich absonderlich, ich weiss. Aber seit ich die Sache so sehe, habe ich das Gefühl, das erstemal richtig wach und am Leben zu sein.

Wenn es so ist, dass wir nur einen kleinen Teil von dem leben können, was in uns ist - was geschieht mit dem Rest?

Das ist mir grad egal, bin ganz mit dem kleinen Teil beschäftigt!