Sonntag, 18. September 2011

Die sehenden Füsse

Dieses Posting widme ich meinen Füssen und allen Menschen, die sich schon einmal an den Füssen verletzt haben. Mögen wir achtsam sein auf unsere Schritte. May we feel the touch of the feet on the ground.
Wie oft hatte ich als Kind aufgeschlagene Knie vom wilden Herumtoben oder von Stürzen beim Rollschuhfahren, ein surrendes Schienbein, einen verstauchten Knöchel in Sandalen mit Plateausohlen, einen Bienenstachel in der Fussohle, aufgeschürfte Zehenkuppen vom rauhen Betonboden im Schwimmbad, Druckstellen von enggeschnallten Skischuhen. Was Füsse alles erzählen könnten! Doch auch Wonnegeschichten, das Kitzeln von taufrischem Gras, das Rieseln von Sand zwischen den Zehen, die zarte Berührung von liebenden Händen, wärmende Socken gestrickt von einer Freundin.
Vor ziemlich genau 7 Jahren habe ich mich auf den Weg gemacht mit meinem Hund Putter und einem Rucksack. Bin den Strahlen der Jakobsmuschel von Sevilla nach Santiago de Compostela gefolgt und habe dabei Schritt für Schritt gelernt auf meine Füsse zu achten und ihnen zu vertrauen. Gute, bequeme Schuhe waren mir immer wichtig. Dafür hat mein Vater, der Schuhmacher, gesorgt. Wie konnte er fluchen über billige Plastikschuhe, die kaum zu reparieren sind. Und welche Bewunderung hatte er für rahmengenähte Schuhe mit Brandsohlen aus Leder.
Am liebsten aber bin ich barfuss, spüre die Erde an meiner Haut. Eigentlich erzähle ich das alles nur, weil ich heute im Liegestuhl das Buch "Der Ruf der Grossmutter" von Rosina-Fawzia Al-Rawi wieder einmal aufschlug. Ein wunderbares Buch über Bauchtanz.
Al-Rawi schreibt, wie sie mit ihren Füssen sehen lernte:
Wenn ich die Treppen unseres Hauses hinunterging, richtete ich immerfort meinen Blick auf die Stufen, um nicht zu fallen. Als mich meine Grossmutter einmal dabei beobachtete, sagte sie: "Lass deine Füsse für dich sehen, sie schützen dich vor dem Sturz viel besser als deine Augen! Taste dich mit den Zehen bis zu einer Stufenkante vor und gleite mit deiner Ferse entlang ihrer Wand hinunter zur nächsten. Setze dich in deine Mitte, in den Bereich unter deinem Nabel, und halte deinen Kopf aufrecht!"
Das machte Spass, und ich war tagelang damit beschäftigt, als Königin die Treppen hinauf und hinunter zu gehen. Dabei spürte ich, wie meine Füsse immer besser "sehen" konnten, wie die Sohlen immer aufmerksamer wurden, wie sie ein jedes Mal sinnlicher und sensibler reagierten, wie mein Vertrauen in sie wuchs und mein Gleichgewicht sich in den unteren Teil meines Körpers verlagerte.


Folge deinem Herzen mit der Kraft aus dem Bauch und finde A-BUN-DANCE.