Sonntag, 2. Oktober 2011

Verträumt erwacht

Ich erwache verwoben in Traumgespinste. Vorsichtig versuche ich die Traumfäden aus meinem Gefieder zu zupfen. Kaum berührt, schon sind sie entschwunden hinter hauchzarten Nebelschleiern. Ich lasse meine Blicke schweifen. Dunst füllt den Raum über der Küste. Eine weisse Wolkenlinie zieht sich von Nord nach Süd über den Westhimmel. Kater Möhrli sitzt eingerollt auf der Terrassenmauer und gibt keinen Maunzer von sich wie sonst um halb sieben morgens. Leichter Wind spielt mit den ausgetrockneten Bambusblättern. Die Stangen wiegen sich sanft. Gestern vor dem Einschlafen Yin Yoga von Sara. Butterfly. Sphinx. Child's pose. Sleeping swan. Dragonfly. Full forward bend. Happy baby. Holidays for the legs. Corps. Half lotus. Gestern morgen zum ersten Mal Pilates mit Amrit Singh. Die Teetasse ist voll bis zum Rand. Der Stachel aus dem Dschungel sitzt noch im Fleisch, aber schon umkapselt von harter Haut. Wohl nicht mehr lange, bis ich sie ablösen kann. Herbstgefühle im Frühling auf der Südhalbkugel. Jetzt will Möhrli sein Fisch-Frühstück. Von Bapak Rana's Haus klingen Stimmen herüber. Die 3-Monats-Zeremonie (Tigabulanan) für seine Enkelin ist im Gang. Ihre Eltern haben sich getrennt. Die Mutter ist wieder zu ihrer Familie zurückgekehrt. Jetzt wird die Kleine von den Grosseltern aufgezogen. Ich bin auf Hörweite mit den Nachbarn und fühle mich doch Welten entfernt. Der Kondensstreifen am Westhimmel ist verschwunden. Die Teetasse leer. Es gibt keinen Weg. Nur Gehen.