Montag steht im Zeichen der Leseratten und Bücherwürmer: ALFA Literatursalon in der Capela das Artes in Alcantarilha. Das Thema Pilgerreise hat mich hingezogen. Und dann wird für mich zum ersten Mal der Nahostkonflikt hautnah spürbar, als Doris Wroblewski von ihrer Pilgerreise nach Israel berichtet und das Buch Ich will nicht mehr schweigen von Rupert Neudeck vorstellt. Das Thema löst beim vorwiegend älteren, deutschen Publikum heisse Diskussionen und Emotionen aus, die mir unter die Haut gehen. Bisher waren alle Informationen zu diesem Thema an meiner dicken, neutralen Schweizer Pellerine abgeprallt. Gut, dass dieser Umhang dünner und durchlässiger wird, löchriger wie Emmentaler Käse.
Rollentausch. Am Mittwoch bin ich in das Alltagskleid von Susanne geschlüpft. Sie hat sich dafür das Schweizer Ferienkleid angezogen. Am Flughafen Faro haben wir uns bei einem Kaffee herzlich voneinander verabschiedet jede mit viel Vorfreude auf die neuen Erlebnisse. Das Thema Pünktlichkeit mischt sich ein. Wie sage ich jemandem, dass es mich stört, wenn er oder sie nicht pünktlich ist, ohne dass ich ihn oder sie verletze. Welche Anstrengung unternimmt jemand, um pünktlich zu sein. In diesem Sinn zeigt Pünktlichkeit die Wertschätzung, die jemand einer Abmachung beimisst. Oder die Willenskraft, die jemand aufbringen kann. Auf jeden Fall keine Ursache, dass ich mich ärgere über die Unpünktlichkeit anderer. Ich entscheide mich einfach, ob ich warten will oder nicht. Die Wartezeit kann ich mir zum Geschenk machen und sie nutzen zum Meditieren oder Träumen oder eine Ameise beobachten oder ...
In Silves komme ich ins Träumen beim Anblick von Haus, Garten und Aussicht von Rua da Misericordia 13. Ideen für den nächsten Algarvesommer tauchen auf wie die fetten Wolken, die der heftige Nordwind über den Himmel peitscht. Erste Regentropfen fallen. Ich denke an die Feigen auf Susanne's Dachterrasse und hoffe, die Wolken mögen warten, bis ich zuhause bin. Sie tun es und ich schaffe es knapp vor dem ersten Regenguss, die Fenchelmatte mit den fast trockenen Feigen, deren Haut schon Druck und Reibung verträgt, einzurollen und mit Plastikfolie zu umhüllen. In die Mitte der anderen Fenchelmatte setze ich einen Stein und ziehe dann eine Plastikfolie der Länge nach über die Feigen. An den Rändern beschwere ich sie mit Steinen. Durch den Stein in der Mitte kann das Wasser nach allen Seiten abfliessen statt dass es sich auf dem Plastik sammelt und einen See bildet. Jetzt kann der Regen fallen.