Montag, 14. August 2006

Feigenschwemme


Feigen ernten. Nichts einfacher als das, denke ich und erinnere mich an meine Feigenspaziergänge mit Putter. Ich nahm einen Korb mit und pflückte die Feigen, die sich einigermassen weich anfühlten. Ich bemühte mich, sie an ihrer Anwachsstelle loszulösen, was nicht immer gelang und zu einem ausgefransten Stielansatz führte. Immer wieder probierte ich eine, indem ich sie durch Druck beider Daumen auf ihren grünen Bauch aufbrach und das saftige, rosige Innere freilegte. Augen und Finger meldeten eine erste Geschmackseinschätzung, die dann die Zunge und der Gaumen ergänzte. Die grossen, saftigen Feigen verwendete ich für Feigensenf und die kleineren, bereits angetrockneten legte ich auf meine selbstgebastelten Fenchelmatten zum Trocknen. Damit sich die Ameisen nicht über die süssen Früchte hermachten, baute ich aus Brettern und 2 Holzböcken ein Gestell, dessen Füsse ich in Wasserschalen stellte. Jeden Tag drehte ich jede Feige einzeln, sodass die noch grünen Stellen oben waren. Wenn dann die Feigen rundherum hellbraun waren, kamen sie noch 10 Minuten in den heissen Backofen, um allfällige Mitesser im Innern abzutöten. Danach schichtete ich sie in Gläser.
Bei Susanne werde ich nun in weitere Geheimnisse der Feigenerntekunst eingeweiht. Erstmal mache ich Bekanntschaft mit dem Feigenhaken, einem Holzstab, an dessen Ende ein grosser Eisenhaken befestigt ist. Damit lassen sich die für mich sonst unerreichbaren, aber meist sehr biegsamen Äste bequem herunterangeln. Ich lerne, dass die Feigen weniger lange in der Sonne liegen müssen, wenn sie erst gut angetrocknet und am Ast hängend eingesammelt werden. Dann lassen sie sich auch viel leichter pflücken. Manchmal fallen sie mir schon bei der ersten Berührung in die Hand. Und bei so vielen Feigenbäumen reicht auch ein Korb nicht mehr. Wir gehen mit einer Karette und 2 grossen Eimern los. Sobald der Korb voll ist, wird er in die Eimer umgeschüttet. Die vollen Eimer fahren wir zum Haus zurück, wo ich sie auf die Dachterrasse trage. So weit hinauf haben sich die Ameisen bei Susanne noch nicht gewagt. Zudem ein Platz, wo Sonne und Wind ungehindert Zugang haben, um ihre Arbeit zu tun. Ich bewundere die dichten Fenchelmatten, die ein portugiesischer Könner geflochten hat. Statt einzelne Fenchelzweige mit einer Schnur aneinander zu binden, hat er ganze Fenchelzweigbüschel genommen. Ein Rätsel bleibt mir noch, wie er die Fenchelzweige so gerade hingekriegt hat und wie er die 3 Schnüre hineingeflochten hat. Zuerst werden jetzt die fertiggetrockneten Feigen aussortiert. Auch das eine Kunst, die Susannes Hände meisterhaft und schnell beherrschen, während meine Hände noch unsicher herumtasten. Die noch zu feuchten Feigen werden mit flacher Hand ein Stück auf eine Seite gerollt. Anschliessend daran schütten wir die Eimer aus und verteilen die frischen Feigen mit sanften, flachen Händen auf der Fenchelmatte. Meine Hände sind zuckrig und klebrig von der Feigensüsse. Erstmal waschen, bevor ich unser Werk fotografieren kann.